Sonntag, 16. September 2007

Mong Kok Ausflug und Chungking Mansions

Ehrlich gesagt hatte ich trotz relativ ausführlicher Lektüre über Hong Kong noch nie etwas von "Mong Kok" gehört. Als Steffen von diesem nördlichen Stadtteil erzählte und den Namen erwähnte, musste ich erstmal nachfragen, was das denn nun sein soll. Woher der Name stammt, weiß niemand so recht, denn "Mong Kok" bedeutet auch schlichtweg nichts. Diese Art der Namenslosigkeit passt aber auch wieder zu diesem stadtgewordenen Chaos: Hier leben und drängen sich mehr als 165.000 Menschen auf einem Quadratkilometer - ein weiterer Weltrekord für Hong Kong, wenn wohl auch keiner, auf den man allzu stolz sein müsste. Denn ein solcher Rekord bringt es mit sich, dass die Leute hier in käfigkleinen Wohnungen unterkommen müssen. Ich habe gehört, dass es wohl auch Wohnungen gibt, die in 8-Stunden-Schichten rund um die Uhr vermietet werden, für 30-40 HK$ (3-4 Euro) pro Schicht! Leider waren wir abends unterwegs, sodass man die dortige Wohnsituation nur anhand der Menschenmassen, die sich hier durch die mit Neonreklamen bespickten Straßen drängeln, erahnen konnte. Mong Kok ist laut, überfüllt, hektisch und die Straßen und öffentlichen Verkehrsmittel sind gebaut für die Massenabfertigung von Menschen. Beispiel: Die U-Bahn. Heißt hier MTR. Das steht für Mass-Transit-Railway. Das Ding trägt den Namen zu Recht. Dieser High-Tech-Zug kommt alle 3 Minuten und füllt einen 400 meter langen Untergrundbahnsteig (von denen es mehrere auf mehreren übereinander liegenden Untergrundetagen gibt!) vollends aus. Und die Züge werden immernoch voll. Ein Wahnsinn. Die Pariser Metro (zugegeben, die hat ein größeres Streckennetz) kann meiner Erinnerung nach in puncto Fahrgäste nicht ansatzweise mit dem Schauspiel hier mithalten. Ich würd gerne wissen, was passiert, wenn der öffentliche Nahverkehr hier mal streikt...


Das ist die Nathan Road auf der Höhe von Mong Kok. Die Straße ist benannt nach einem englischen Gouverneur aus dem 19. Jahrhundert. Der hatte damals die Idee, künstlich eine kilometerlange Straße für Hong Kong anzulegen, die geradewegs von Nord nach Süd bis ans Meer führt. "Dies soll die Hauptstraße sein und eines Tages wird hier großer Handel getrieben und viele Geschäfte werden hier entlang sein...", so in etwa seine Worte bei der Planung. Die Leute in dem damals verschlafenen Fischerstädtchen Hong Kong (heißt übrigens "duftender Hafen") lachten den damals nur aus. Hätten die gewußt, was aus der Straße werden sollte, hätten sie wohl nichts gesagt, sondern nur klein und häßlich mit dem Kopf genickt.



Orangensaft und Karottensaft frisch gepresst mitten an der Hauptstraße. Für umgerechnet etwas weniger als einen Euro für ein großes Glas. Da kann man schon mal zuschlagen! ;-)


Abseits der mit Lichtreklamen bepflasterten Hauptstraße ist es nicht mehr ganz so hell und glamourös, aber trotzdem keineswegs uninteressant-da gibt es zum Beispiel einen Markt, bei dem man zu sehr günstigen Preisen einkaufen kann. Im Grunde gibt es hier fast alles: gefälschte Markenklamotten wie Sonnenbrillen, Kravatten und Hosen, technische Geräte wie Radios, Ferngläser und Taschenlampen, Tourikram, alte Mao-Plakate, Reizwäsche aller Art, Chinawaffen wie Nunchakus und Schwerter und sogar Nahrungsmittel. Handeln erwünscht! Natürlich ist auch jede Menge Schund dabei. Der Reiz an diesem Markt liegt insbesondere darin, dass die Chinesen nicht nur verkaufen, sondern auch Dienstleistungen anbieten. Da gibt es den Musiker, der einen Generator mitgebracht hat, um Strom für sein E-Piano zu haben, auf dem er chinesische Volkslieder spielt, oder gar Sängerinnen, die ihr Publikum, das auf zwei von ihr aufgestellten wackeligen Bierbänken sitzt, unterhält und dabei aus einem etwas in die Jahre gekommenen Kühlschrank Getränke verkauft. Oder Wahrsager: Tarot ist hier absolut hip und aus der Hand lesen ist auch stark vertreten. Diese Leute haben guten Zulauf: Die Chinesen sind Spieler (das merkt man an jeder Straßenecke) und lassen nichts unversucht bei der nächsten Pferdewette, beim Hunderennen, Mahjong oder dem guten alten Lotto gut abzuschneiden. Insgesamt hatte das Ganze ein etwas zigeunermäßiges, aber nicht unsympathisches Flair. Man hat auch überhaupt nicht das Gefühl, dass die hier auf weiße Touristen warten, um sie abzuzocken. Davon gibt es hier auch einfach zu wenige. Nein, im Gegenteil, man hat eher das Gefühl hier bei etwas dabei zu sein, was von Chinesen und für Chinesen ist.


Das hier sind die Chungking Mansions. Die liegen auch an der Nathan Road, allerdings weiter südlich. Ich habe ja schon vorher ein wenig darüber geschrieben. Genau das Gegenteil von dem Markt oben, gibt es hier eigentlich gar keine Chinesen, weder als Käufer noch als Verkäufer. Hier sind nur "Ausländer" (in Hong Kong nennt man die Expats, von lat. ex patria, also Leuten, die aus ihrem Heimatland raus sind), und zwar insbesondere Afrikaner und Araber. Jeder hat hier seinen Laden und will verkaufen. Alles ziemlich unaufgeräumt und voll mit unseriösen Typen. Bei vielen hier ist es offensichtlich, dass die eigentlich gar nichts zu tun haben, sondern einfach nur herumlungern und die Zeit totschlagen.



Das zweite Stockwerk der Chungking Mansions. Leider nicht so gut zu erkennen: Die Stromkabel hängen teilweise einfach von der Decke herunter und laufen offen von A nach B. In den dreizehn Stockwerken ab der 3. Etage sind dann nur noch Billighotels per Fahrstuhl zu finden. Nett, hier in der "Lobby" kann man schonmal seine Zimmernachbarn von oben kennenlernen :-)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

man soll am Freitag Abend oder Wochenende Mongkok gehen, wenn er noch atmen kann...
- lawrence