Donnerstag, 27. September 2007

Philippine und die Philippininnen

Da ist sie, die neue Mitbewohnerin: Philippine aus Frankreich, die das bis dato freistehende Zimmer von Véronique gestern bezogen hat. Schon wieder ne Französin. Aber man merkt das gar nicht, weil die echt ein super Englisch spricht. Gutes Training, wenn man sich gleich morgens nach dem Aufstehen zusammenreißen muss und etwas sinnvolles in einer Fremdsprache von sich zu geben hat. Außerdem ist sie super nett und eine unkomplizierte Mitbewohnerin und es sollte mich wundern, wenn ich meine Meinung da noch ändern müsste. Sie musste sich gestern bei IKEA noch ein wenig ausrüsten und Steffen und ich haben uns bereit erklärt sie dabei zu begleiten und ihr ein wenig die Umgebung zu zeigen. Sie arbeitet in einer Kunstgallerie und ist mit der Oranisation beschäftigt. Sie arbeitet viel, bekommt aber kaum Geld, weil das ganze nur als Praktikum gewertet wird. Naja fürs dickste Zimmer hats gereicht, dann kanns ja so schlimm nicht sein ;-)





Steffen und Philippine beim Mittagessen



Das hier sind die Philippininnen. Die sieht man hier jeden Sonntag in den Parks. Philippininnen sind billige Arbeitskräfte in Hong Kong, die in der Regel als Haushälterinnen in Mittel- und Oberklassewohnungen eingesetzt werden. Sie haben nur einen freien Tag in der Woche und das ist üblicherweise der Sonntag oder, wie gestern, ein öffentlicher Feiertag (Mid-Autumn Day). Die Community trifft sich an öffentlich Plätzen, meistens in Parks, zum Quatschen und miteinander Picknicken oder einfach nur zum Nickerchen machen in vertrauter Umgebung. Eine gesellschaftliche und vorallem preiswerte Möglichkeit einen Sonntag Nachmittag in Hong Kong zu verbringen.

95 Prozent aller philippinischen Arbeitskräfte in Hong Kong sind Frauen. Die arbeiten hier ein paar Jahre bis ihr befristetes Arbeitsvisum abgelaufen ist. Danach geht es zurück in die Heimat. Die Erlangung der Staatsbürgerschaft (erhält man üblicherweise nach sieben Jahren Nettoaufenthalt) ist für Billigarbeitskräfte schon von vornherein ausgeschlossen.


Der Chinese an und für sich schwört auf "seine" traditionellen Naturheilmittel. Die entsprechenden "Apotheken" findet man regelmäßig. Sie sind auffällig gut sortiert und bieten allerhand interessante "Medizin".



Ein Hirschschwanzansatz. Die meisten Sachen werden gekocht und als Tee verwendet, teilweise unters Essen gemischt. Dieses Exemplar dient als Basis für eine Suppe, wie ich mittlerweile erfahren habe. Hirschschwanzsuppe soll gut für die Libido sein. Sowohl für die männliche als auch für die weibliche. Wie ich von meiner Mitbewohnerin erfahren habe, gibt es (auf Nachfrage unter der Ladentheke) wohl auch den Hirschpenis, der wohl die gleiche Wirkung haben soll wie der Hischschwanzansatz, allerdings nur beim männlichen Geschlecht Wirkung entfaltet.




Ein Pilz und ein Baumpilz.





Seepferdchen und andere Meeresbewohner.





Schildkrötenbabies.


Ich hab wirklich keine Ahnung.


Familienpackung (oder als Geschenk zum Hochzeitstag).

Der Mooncake. Eine Spezialität zu dem Tag, an dem der Mond angeblich am hellsten im ganzen Jahr scheint. Sehr süß und sehr sättigend. In der Mitte ist beim klassischen Mooncake regelmäßig ein Eigelb zu finden, das quasi den Mond wiederspiegeln soll. Eine moderne Variante verzichtet auf das Ei und wird dafür im gefrorenen Zustand verzehrt.

6. Stock in der Mitte, da wohnen wir.

Einer unserer Aufpasser unten in der Lobby. Ein netter Kerl, der sich immer wahnsinnig freut, wenn ich vorbeikomme und mit mir immer versucht Kantonesisch zu sprechen. Englisch kann er nämlich wirklich null. Der Schein trügt aber: Meistens ist der Stuhl leer und man fragt sich, wo sich die Aufpasser gerade rumtreiben.





Mein Zimmer auf dem neuesten Stand - Jetzt mit dschungelmäßigen Bambusapplikationen.

Ein etwas anderes Schönheitsideal



Hersteller von Bräunungscreme haben in Hong Kong ganz schlechte Karten. Bräune ist hier ganz und gar nicht sexy. Denn mit "braun sein" verbindet der materialistisch denkende Hong Konger, dass die betreffende Person einer schlecht bezahlten Arbeit nachgeht, nämlich typischerweise einer, bei der man draußen beschäftigt ist und somit direkt der Sonne ausgesetzt ist. Der gut Verdienende hingegen arbeitet sonnengeschützt und klimatisiert hinter einem Schreibtisch und muss demzufolge blass sein. Ja, so richtig blass und bleich sein in Hong Kong, ja das ist gepflegt und sexy, denn das bedeutet einen guten Job und damit auch Reichtum!

Hiesige Frauen tun viel, um nicht braun zu sein. So muss Frau beispielsweise beim Gang über die Ampelkreuzung, bei der dann doch mal die Sonne zwischen den Hochhäusern ein Stück von 8 Metern Straße bescheint, die Gesichtshaut sofort durch eine Zeitung oder gar einen Sonnenschirm schützen. Ein hartes Brot für die mondäne Frau von heute und lustig anzuschauen! Zur Unterstützung gibts zum Glück zu jeder Nivea-Creme im Supermarkt eine Whitening-Creme. Ich hab mich erstmal für "Dove" (ohne einen solchen Weißmacher) entschieden, bevor ich auf den asiatischen Modezug aufspringe ;-)

Weiß, weißer, am weißesten heißt die Devise.

Hong Kong Gambling


Der Hong Konger spielt nicht nur recht gerne, er ist sogar der geborene Zocker! Und zocken kann man hier an jeder Straßenecke:


Da gibt es zum einen die Mahjong-Hallen (gesprochen etwa: "mah-dschong"). Das Klacken der Spielsteine, mit denen man durch Aneinanderreihen bestimmte Bilderfolgen erreichen muss, kann man aus den Mahjong-Spielhallen mit ihren meist sehr prächtigen und großen Eingangstoren bis auf die stark befahrenen Straßen mit ihren Autolärm hören. Geht man in eine solche Halle hinein, erwartet einen ein ohrenbetäubender Lärm, der von den recht schweren Spielsteinen kommt, die von ihren Besitzern an den vielen Tischen mit mechanischer Routine auf den Spieltisch gehauen werden. Der aufdringliche Geruch von Zigaretten und die Ernsthaftigkeit der Spielergesichter lassen erahnen, dass hier um viel Geld gespielt wird, auch wenn das offiziel geleugnet wird. Europäer sieht man in solchen Hallen eigentlich gar nicht. In vielen solcher Etablissements wird man als Weißer ("Gaijin" = Weißer Geist) sofort wieder hinauskomplimentiert. Auch Fotos machen haben die gar nicht gerne, aber ich bleibe dran und liefere eins nach...
Soweit ich das bisher beurteilen kann, ist Mahjong das einzige Glücksspiel, bei dem auch Frauen spielen.


Die Bilder oben sind im Wanchai Park bei uns um die Ecke entstanden. Dort sind gleich mehrere Zementtische mit Metallspielfeld aufgebaut, die von den dortigen Bewohnern auch fleißig genutzt werden. Ich habe die ganze Zeit, in der ich dort Zeitung gelesen habe, nicht einen freien Tisch gesehen. Wie das Spiel heißt, hab ich noch nicht herausgefunden. Es ist meiner Meinung nach eine Mischung aus Schach und Dame.


Wenn einem nach Wetten ist, dann geht man am besten zum Hong Kong Jockey Club. Die haben hier überall in Hong Kong Wettbüros, die von außen aufgemacht sind wie seriöse Banken. Nur die grimmigen Wachmänner am Eingang lassen den uneingeweihten erahnen, dass man hier kein Festgeldkonto eröffnen kann, sondern die hart erarbeiteten und vom schwachen US-Dollar geplagten Hong Kong Dollar (der ja an den US$ gekoppelt ist, für einen US$ bekommt man 7,81 HK$) auf schicke Rennpferde setzt. Es gibt gleich zwei große Rennbahnen in Hong Kong, auf denen an nur einem Renntag soviel Umsatz gemacht wird wie auf allen Rennbahnen in Deutschland in einem Jahr. Pro Woche gibt es in der Regel zwei Renntage, meistens sind das Mittwoch und Sonntag. Etwa die Hälfte aller Hong Konger spielt regelmäßig.


Und an den Tagen, an denen keine Rennen stattfinden, wird eben Lotto gespielt (wird auch vom Hong Kong Jockey Club angeboten) oder man fährt mit der Fähre ne Stunde nach Macao zum Hunderennen oder in die riesigen Casinos. Bisher war ich noch ganz brav und habe nichts davon angerührt ;-)
Oder Fußballwetten? Das Foto hier ist an einem Samstag entstanden, an dem wir eigentlich in diesem Restaurant bei uns um die Ecke Essen gehen wollten. Es war allerdings unmöglich einen Platz zu ergattern, weil gerade die englische Premier League spielte. Manchester United gegen irgendwen. Gute alte Kronkolonie, selbst vor dem Fenster draußen konnte man keinen Platz finden. Eine Chinesische Fußballliga wird, soweit sie überhaupt existiert, in den hiesigen Restaurantfernsehern gar nicht gezeigt.

Sonntag, 16. September 2007

Aberdeen-Trip

Wenn ich an Hong Kong gedacht habe, als ich noch in Deutschland war, habe ich irgendwie immer als erstes eine dieser gebogenen Holzschiffe, also die Dschunken, vor Augen gehabt. Die kannte ich von Bildern in Reiseführern und aus einem James Bond Film und ich hatte sie von daher immer als "typisch Hong Kong" abgestempelt. So richtig typisch für diese Stadt sind diese Schiffe allerdings nicht mehr. Das Holz ist zu einem Großteil dem Stahl gewichen und der Hong Konger nennt auch nicht die Holzdschunke im Hafen sein zu Hause. Früher war das wohl mal so und zu meiner Entschuldigung, der James Bond Film war noch mit Hauptdarsteller Roger Moore und aus den 70ern. Dennoch gibt es Aberdeen, die Dschunkenstadt im Süden von Hong Kong Island. In dessem natürlichen Schutzhafen gibt es noch solche Schiffe und vereinzelt wohnen deren Eigentümer auch noch darauf.


Aberdeen an und für sich ist eigentlich nicht sonderlich schön. Wolkenkratzer überall. Dies hier ist einer der zentralen Plätze der Stadt. Sehr beliebt bei den dortigen Rentnern.

Wir haben dann nicht lange gefackelt und sind mit einem der Boote durch den Taifunschutzhafen gefahren. Die geschäftstüchtige Dame im tredigen Sonnenhut hats erstmal mit 10 Euro pro Person versucht. Wir haben uns dann auf 5 Euro pro Person und ne halbe Stunde Tuckerfahrt geeinigt. Vorkasse wird zweimal vom Sonnenhut verlangt und zweimal von uns abgelehnt. Denn gezahlt wird natürlich erst, wenn die Zeit um ist, ansonsten läuft man Gefahr von dem Fahrer nach 10 Minuten wieder an Land gesetzt zu werden.





Hausboote erkennt man daran, dass sie ziemlich klobig wirken. Sie sind nicht für unruhiges Wasser geeignet und bleiben fast immer am gleichen Platz. Zu Spitzenzeiten gab es wohl etwa 3000 solcher Hausboote in Hong Kong. Ich schätze, dass heute vielleicht noch etwa 100 dieser Boote wirklich nonstop bewohnt werden. Das liegt nicht unbedingt daran, dass das Leben auf dem Land so toll ist. Insbesondere ist es ja nicht preiswert. Vielmehr wird von verschiedenen Seiten aus Druck gemacht: Boat-People zahlen in der Regel keine Steuern, weil sie keinen "festen" Wohnsitz haben und damit oft bei den hiesigen Behörden nicht aktenkundig sind. Das ist der Regierung natürlich ein Dorn im Auge. Außerdem sind die Boat-People der ideale Anlaufpunkt für Schmuggel. Des weiteren wird von der benachbarten Marina Druck gemacht. Die ist nämlich plätzemäßig ausgebucht für die ganzen schicken Yachten der Reichen und würde ihre Kapazität (Quota) gerne auf das Hafengebiet der Bootsbewohner erweitern.




Der "Jumbo". Das größte schwimmende Restaurant in Aberdeen.



Gefischt wird hier eigentlich fast überall.


Maronenverkäufer am Hafen


Ein Laden, der neben Lebensmitteln auch Hunde im Schaufenster hatte. Der große rechts unten konnte sich in seinem Glaskasten nichtmals ganz ausstrecken. Die Jungs haben einen angeschaut, als würden sie es einem nie vergessen, wenn man sie hier rausholen würde.




Der Friedhof von Aberdeen. Unglaublich groß, man hat hier einen ganzen Berg über der Stadt zubetoniert. Das ist auch schon das Stichwort: Verwendet wird ausschließlich Beton für die Gräber. Erde mit Pflanzen sucht man vergeblich.


Ich habe dies hier mal als "Standardgrab" herausgepickt. Alles Beton. Wenn überhaupt Pflanzen, dann in Vasen. Die Räucherstäbchen gehören zu hiesigen Ritualen. Beim Essen wird ein Chinese übrigens nicht seine Stäbchen in der Schüssel liegen lassen. Das gilt als Fauxpas. Die Stäbchen sehen dann nämlich so aus wie die Räucherstäbchen in der Aschevase hier-ein Zeichen des Todes, das vermieden werden will! Ansonsten sind fast alle Gräber mit Foto. Das gibts bei uns auch ganz selten. Einmal im Jahr (am 4. oder 5. April) wird allen Ahnen gedacht. Dann werden die Gräber aller Friedhöfe durch die Verwandten gereinigt und auf dem ganzen Friedhof wird ein Festmahl veranstaltet. Symbolisch soll das eine Wegzehrung für den Verstorbenen sein, nach der Reinigung wird aber dann doch alles gegessen und nicht liegen gelassen.

Hin- und Rückfahrt wurden im Minubus unternommen. Man zahlt für ca. 20 Minuten fahrt umgerechnet knapp 70 Cent. Der Digitalanzeiger links oben zeigt die momentane Fahrtgeschwindigkeit an. Dass das Ding dreistelligen Anzeiger hat, halte ich bei der Verkehrsdichte hier für etwas übertrieben ;-)

Mong Kok Ausflug und Chungking Mansions

Ehrlich gesagt hatte ich trotz relativ ausführlicher Lektüre über Hong Kong noch nie etwas von "Mong Kok" gehört. Als Steffen von diesem nördlichen Stadtteil erzählte und den Namen erwähnte, musste ich erstmal nachfragen, was das denn nun sein soll. Woher der Name stammt, weiß niemand so recht, denn "Mong Kok" bedeutet auch schlichtweg nichts. Diese Art der Namenslosigkeit passt aber auch wieder zu diesem stadtgewordenen Chaos: Hier leben und drängen sich mehr als 165.000 Menschen auf einem Quadratkilometer - ein weiterer Weltrekord für Hong Kong, wenn wohl auch keiner, auf den man allzu stolz sein müsste. Denn ein solcher Rekord bringt es mit sich, dass die Leute hier in käfigkleinen Wohnungen unterkommen müssen. Ich habe gehört, dass es wohl auch Wohnungen gibt, die in 8-Stunden-Schichten rund um die Uhr vermietet werden, für 30-40 HK$ (3-4 Euro) pro Schicht! Leider waren wir abends unterwegs, sodass man die dortige Wohnsituation nur anhand der Menschenmassen, die sich hier durch die mit Neonreklamen bespickten Straßen drängeln, erahnen konnte. Mong Kok ist laut, überfüllt, hektisch und die Straßen und öffentlichen Verkehrsmittel sind gebaut für die Massenabfertigung von Menschen. Beispiel: Die U-Bahn. Heißt hier MTR. Das steht für Mass-Transit-Railway. Das Ding trägt den Namen zu Recht. Dieser High-Tech-Zug kommt alle 3 Minuten und füllt einen 400 meter langen Untergrundbahnsteig (von denen es mehrere auf mehreren übereinander liegenden Untergrundetagen gibt!) vollends aus. Und die Züge werden immernoch voll. Ein Wahnsinn. Die Pariser Metro (zugegeben, die hat ein größeres Streckennetz) kann meiner Erinnerung nach in puncto Fahrgäste nicht ansatzweise mit dem Schauspiel hier mithalten. Ich würd gerne wissen, was passiert, wenn der öffentliche Nahverkehr hier mal streikt...


Das ist die Nathan Road auf der Höhe von Mong Kok. Die Straße ist benannt nach einem englischen Gouverneur aus dem 19. Jahrhundert. Der hatte damals die Idee, künstlich eine kilometerlange Straße für Hong Kong anzulegen, die geradewegs von Nord nach Süd bis ans Meer führt. "Dies soll die Hauptstraße sein und eines Tages wird hier großer Handel getrieben und viele Geschäfte werden hier entlang sein...", so in etwa seine Worte bei der Planung. Die Leute in dem damals verschlafenen Fischerstädtchen Hong Kong (heißt übrigens "duftender Hafen") lachten den damals nur aus. Hätten die gewußt, was aus der Straße werden sollte, hätten sie wohl nichts gesagt, sondern nur klein und häßlich mit dem Kopf genickt.



Orangensaft und Karottensaft frisch gepresst mitten an der Hauptstraße. Für umgerechnet etwas weniger als einen Euro für ein großes Glas. Da kann man schon mal zuschlagen! ;-)


Abseits der mit Lichtreklamen bepflasterten Hauptstraße ist es nicht mehr ganz so hell und glamourös, aber trotzdem keineswegs uninteressant-da gibt es zum Beispiel einen Markt, bei dem man zu sehr günstigen Preisen einkaufen kann. Im Grunde gibt es hier fast alles: gefälschte Markenklamotten wie Sonnenbrillen, Kravatten und Hosen, technische Geräte wie Radios, Ferngläser und Taschenlampen, Tourikram, alte Mao-Plakate, Reizwäsche aller Art, Chinawaffen wie Nunchakus und Schwerter und sogar Nahrungsmittel. Handeln erwünscht! Natürlich ist auch jede Menge Schund dabei. Der Reiz an diesem Markt liegt insbesondere darin, dass die Chinesen nicht nur verkaufen, sondern auch Dienstleistungen anbieten. Da gibt es den Musiker, der einen Generator mitgebracht hat, um Strom für sein E-Piano zu haben, auf dem er chinesische Volkslieder spielt, oder gar Sängerinnen, die ihr Publikum, das auf zwei von ihr aufgestellten wackeligen Bierbänken sitzt, unterhält und dabei aus einem etwas in die Jahre gekommenen Kühlschrank Getränke verkauft. Oder Wahrsager: Tarot ist hier absolut hip und aus der Hand lesen ist auch stark vertreten. Diese Leute haben guten Zulauf: Die Chinesen sind Spieler (das merkt man an jeder Straßenecke) und lassen nichts unversucht bei der nächsten Pferdewette, beim Hunderennen, Mahjong oder dem guten alten Lotto gut abzuschneiden. Insgesamt hatte das Ganze ein etwas zigeunermäßiges, aber nicht unsympathisches Flair. Man hat auch überhaupt nicht das Gefühl, dass die hier auf weiße Touristen warten, um sie abzuzocken. Davon gibt es hier auch einfach zu wenige. Nein, im Gegenteil, man hat eher das Gefühl hier bei etwas dabei zu sein, was von Chinesen und für Chinesen ist.


Das hier sind die Chungking Mansions. Die liegen auch an der Nathan Road, allerdings weiter südlich. Ich habe ja schon vorher ein wenig darüber geschrieben. Genau das Gegenteil von dem Markt oben, gibt es hier eigentlich gar keine Chinesen, weder als Käufer noch als Verkäufer. Hier sind nur "Ausländer" (in Hong Kong nennt man die Expats, von lat. ex patria, also Leuten, die aus ihrem Heimatland raus sind), und zwar insbesondere Afrikaner und Araber. Jeder hat hier seinen Laden und will verkaufen. Alles ziemlich unaufgeräumt und voll mit unseriösen Typen. Bei vielen hier ist es offensichtlich, dass die eigentlich gar nichts zu tun haben, sondern einfach nur herumlungern und die Zeit totschlagen.



Das zweite Stockwerk der Chungking Mansions. Leider nicht so gut zu erkennen: Die Stromkabel hängen teilweise einfach von der Decke herunter und laufen offen von A nach B. In den dreizehn Stockwerken ab der 3. Etage sind dann nur noch Billighotels per Fahrstuhl zu finden. Nett, hier in der "Lobby" kann man schonmal seine Zimmernachbarn von oben kennenlernen :-)